
Als Müller bei der WM in Südafrika den Durchbruch schaffte war er 20 Jahre alt. Viel ist seitdem auf ihn eingeprasselt. Müller hat sich trotzdem eine mitreißende Unbekümmertheit erhalten. Er ist ein besonderer Spieler. In einer Werbung für den Autobauer VW tritt er gemeinsam mit Brasiliens Superstar Neymar auf. Es wirkt fast unfreiwillig komisch wenn sich darin beide ein fußballerisches Duell liefern. Müller, der über sich selbst einmal sagte, er könne mit dem Ball keinen einzigen Trick, bleibt auch in seinem Spiel ein Unangepasster.
Während der Trend in der Offensive immer stärker zu kleineren, physisch und/oder dribbelstarken Spielern wie Neymar, Messi oder WM-Überflieger James geht, wirkt Müller mit seinen 1.86 fast schlaksig. Er kann nichts besonders gut. Er Ist kein Dribbler, kein besonders guter Kopfballspieler, kein besonders robuster Zweikämpfer, kein genialer Kreativspieler. Die FAZ sprach in der vergangenen Woche von seiner außergewöhnlichen Gewöhnlichkeit. Vielleicht können sich genau deshalb so viele mit ihm identifizieren. Was Müller hat, ist ein Gespür für den gefährlichen Raum. Raumdeuter hat man ihn deshalb schon genannt. Das passt.
Als US-Torwart Tim Howard am Donnerstag Abend einen Kopfball von Mertesacker abwehrte sprang der Ball aus dem Strafraum heraus. Niemand stand dort ¬ außer Müller, der den Ball mit einer bemerkenswerten Ruhe aus ca. 16 Metern in die lange Ecke schob und damit für die Entscheidung sorgte. Die deutsche Elf wird die Tore Ihres 13ers weiter brauchen. Wie schon einmal in den 70ern. Als ein anderer Torjäger mit dem Namen Müller die deutsche Nationalmannschaft zu Titeln schoss.
Dieser Text ist im Rahmen der WM-Kolumne der Böhme Zeitung erschienen